Von Frauen, dem ewigen Verlangen und Handtaschen

Ich bin eine Frau – und somit natürlich genetisch gepolt nicht ganz unempfindlich gegenüber neusten Modetrends zu sein. Ok, ich gebe es zu: ich liebe Handtaschen! So, jetzt ist es raus und ja, sehr zum Leidwesen meines Mannes, bin ich nicht mehr wie früher (als junges Mädchen) mit irgendeiner Handtasche zufrieden. Nein, nein: es muss schon was Besonderes sein.

Am beliebtesten sind natürlich Taschen, die Frau gar nicht erst haben kann. Warum? Gute Frage! Weil man eben nicht einfach in eine Boutique spazieren und eins dieser Prachtexemplare kaufen kann. Künstliche Marktverknappung oder einfach nur ein Genie- Streich? Keine Ahnung, aber es funktioniert! Frauen lieben diese Taschen und sie sind der Olymp ihrer Wunschträume, bersonders in Exotenleder oder Spezial Anfertigungen. Frau meint: ich braucht so ein Ding am Arm!

Wenn man sich dann aber eben doch mal in eines dieser sehr teuren Geschäfte hineinwagt, wird man erst einmal von Kopf bis Fuss vom fachkundigem Personal mit makellos-manikürten Fingernägeln und perfekt sitzender Mimik gescannt. „ Sie? Sie können sich hier im Geschäft eh nix leisten!“ Wagt man dann auch noch im Flüsterton zu fragen, ob es nicht eventuell eine solche Tasche zu erwerben gäbe, wird laut und grell aufgelacht und bekommst Sätze wie diese zu hören: „Schätzchen, ich kenne Sie nicht und auch wenn, die Warteliste ist so lang, das wir sogar eine Warteliste für die Warteliste haben. Kommen Sie doch noch ein mal in 6 Jahren vorbei.“.

BITTE?? Erstens bin ich nicht „Dein Schätzchen“ (mein lieber Göttergatte, hör jetzt einfach mal weg) und Zweitens „Wie, Sie kennen mich nicht?“ Ich bin seit über 15 Jahren Stammkunde in diesem Geschäft!!!

Ja, aber so ist es eben. Aber was macht man denn nun? Frau verbringt also ihre freien Stunden und Tage damit, das Internet auf diversen Versteigerungs-Plattformen nach gebrauchten und dennoch fast doppelt so teuren (!!!) Exemplaren zu durchforsten. Was man alles Sinnvolles anderes in dieser Zeit machen könnte, lassen wir jetzt einmal gedanklich außen vor. Sport zum Beispiel?

Mein Mann, der zwar sehr verständig ist und mir den Spaß auch gönnt, schüttelt über dermaßen zeitverschwenderisches und weiblich-lasterhaftes Verhalten nur den Kopf. Er ist damit nicht allein.

Es ist wie es ist: ich werde mich weiter in Geduld üben. Irgendwann wird eine solche Tasche meinen Weg kreuzen und dann gehört sie mir.

Solange treibe ich mich aber gerne weiter in den Luxusboutiquen dieser Welt herum, weil es herrlich nach Leder riecht, man so viel Wunderbares sehen, erkunden und auch anfassen kann. Viele liebe Verkäufer bemühen sich um die Kundschaft und bieten erfrischende Getränke an. Es tut der Seele gut, mal raus zu kommen, Kinder und Hauhalt hinter sich zu lassen und einfach mal Luxus zu genießen. Ja auch ein angebotenes Glässchen Schampus am Nachmittag darf genossen werden und kann wahre Seelenheilung bewirken.

Und ganz manchmal kann man auch einfach nur Zeuge sehr erheiternder Szenen in solchen Geschäften werden: Paris vor 3 Jahren, Mädels-sause in einem renommierten Handtaschen- Mekka, dessen Name ich hier lieber unterschlage.

Herr (eindeutig ost-europäischer Herkunft) betritt den Laden und verlangt mit seinem etwas impertinenten Auftreten, sofort bedient zu werden. Man kann also gar nicht NICHT hinhören!

Der Herr (mit starkem Akzent) zeigt auf eine blaue Tasche ganz oben im Regal: “Wie viel diese Tasche kosten?“.

Verkäuferin – sichtlich einen Gewinn witternd – antwortet säuselnd: „Dies ist eine spezial Anfertigung, direkt vom Laufsteg aus Mailand.“

Herr: „Wieviel kostet?“.

Verkäuferin: „Dieses Stück ist aus Exoten Leder und hat somit leider Ihren Preis.“ Sie wispert den Kaufpreis und ich verschlucke mich an meinem gerade dargebotenen Espresso.

Herr: „Ich nehmen drei!“

Verkäuferin: „Es ist ein Einzelstück!“ (noch einmal betonend, das die Tasche es direkt von der Modenschau in ihr Geschäft geschafft hat.)

Herr: „Wieso Sie so mühsam, ich will haben drei!“

Verkäuferin (nun schwitzend in Ihrer weissen Seidenbluse): „Warten Sie, ich hole den Geschäftsführer:“

Der Herr wird lautstark und ungehalten. Ich verdrücke mich lieber in eine andere Ecke. Leider kann ich nix mehr hören, werde aber Zeuge, wie man sich dann doch einigt und der Herr zur Kasse gebeten wird. Kartenzahlung? Pah, das ist doch etwas für Anfänger! Er holt einen 15 cm dicken Stapel 500 Euro Scheine aus der Po-tasche seiner Designer Jeans und fängt laut an, zu zählen. Ich grinse und gehe meiner Wege (leider ohne ersehntes Handtäschen in zartem Sommer Rosé und gestepptem Leder).

Aber sind Klischees nicht wunderbar? Sie treffen immer wieder zu: auf mich, ebenso wie auf den einkaufswütigen Herren.

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